Ärger und Wut meistern

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Ab und zu sind wir selbst oder andere verärgert. Manche Zeitgenossen sind es auch ständig. Es gibt viele Begriffe, um diesen eher unangenehmen Gemütszustand zu beschreiben. Außerdem gibt es viele Abstufungen. Das Spektrum reicht mindestens von irritiert sein bis zum Tobsuchtsanfall. Wart ihr schon einmal wütend, zornig, genervt, empört, entrüstet oder sauer? Ich präsentiere hier einige Tipps zum Umgang mit dieser hakeligen Emotion.

Hilfe, ich habe die Qualität meiner Beziehungen geschrumpft

Es gibt tausend Gründe, warum wir verärgert oder wütend sein können. Häufig ist: Es läuft nicht so, wie wir wollen. Wir regen uns über andere auf. Wir ärgern uns über uns selbst. Das ist zunächst völlig natürlich und menschlich. Vielleicht gibt es sogar objektiv belegbare Gründe für unsere Wut. Die Sache ist nur die: Wenn wir dieser Emotion im Zusammensein mit anderen freien Lauf lassen, riskieren wir die Qualität und Anzahl unserer Beziehungen. Insbesondere dann, wenn wir dies regelmäßig tun. Insbesondere dann, wenn wir unseren Ärger an anderen auslassen. Das eine ist, wenn wir selbst genervt sind. Das andere ist, was die anderen damit zu tun haben. Oft nichts. Das Problem ist nun, dass die meisten Menschen es vorziehen, eine gute Zeit zu haben. Wenn wir nun großzügig mit unserem Ärger hausieren gehen, treiben wir die Menschen eher von uns weg. Nur wenige genießen die Nähe von Biestern und Cholerikern.

Etwas anderes ist es, wenn es sich um politisch aufgeladene Wut handelt. Dann scharen wir Gleichgesonnene um uns. Ob uns Wut Überzeugungskraft verleiht, ist wieder eine andere Frage.

Ich empfehle, sparsam mit Ärger umzugehen. Ein Mentor von mir sagte oft, Zorn ausleben sei wie Geld verbrennen. Wir können mit bösen Worten und unbedachten Taten in kurzer Zeit viel kaputt machen. Irgendwann merken wir dann: „Hilfe, ich habe die Qualität und Anzahl meiner Beziehungen geschrumpft.“

Ad hoc-Abhilfe: Plan A und B

Um dieses Risiko zu mindern, können wir Maßnahmen ergreifen. Dabei sind zwei Dinge klar. Erstens: Wut unterdrücken kommt nicht in Frage. Denn Wut bahnt sich immer ihren Weg. Zum Beispiel über ungesunde oder ätzende Umwege. Zweitens: Wut ungezügelt auszuleben ist ebenfalls keine gute Idee – das habe ich oben erklärt. Was ist dann sinnvoll? Plan A und B sind die Antworten.

  • Plan A: Je heißer unser Zorn und je weniger wir uns im Griff haben, desto wichtiger ist es, Abstand herzustellen. Die Situation verlassen und vermeiden ist besser, als zu auszuticken. Da uns unsere Wut aber voller Tatendrang sein lässt – es ist noch nie jemand bei einem Wutanfall eingeschlafen – können wir diese Energie für sinnvolle Tätigkeiten einsetzen. Tipps sind zum Beispiel: Aufräumen, Putzen, Spazieren, Dinge erledigen, Sport. Wenn wir uns wieder abgeregt haben, freuen wir uns darüber, dass die Wohnung sauber ist und der Partner noch da.
  • Plan B: Wenn wir „nur“ stark genervt sind und uns besser kontrollieren können, dann ist Abstand immer noch sinnvoll. Luft schnappen. Durchatmen. Kaltes Wasser ins Gesicht. Musik hören. Liegestütze. Themawechsel.

Mittel- und langfristige Maßnahmen

Wenn wir es schaffen, akute Wut-Situationen im zwischenmenschlichen Bereich durch das Herstellen von Abstand zu meistern, haben wir unser Leben (und jenes unserer Mitmenschen) bereits massiv verbessert. Wir müssen uns seltener entschuldigen. Unsere Mitmenschen meiden uns weniger. Auf dieser Grundlage können wir mittel- und langfristige Maßnahmen ergreifen. Dazu zählen folgende Dinge:

  • Souveränität herstellen: „Schwache Menschen werden zornig. Starke tun, was sie wollen“ heißt eine Redewendung. In die gleiche Kerbe schlägt der Spruch: „Große Hunde brauchen nicht bellen“. Wenn wir dazu neigen, schnell wütend zu werden, haben wir ein Problem mit unserer Souveränität. Die Lösung lautet daher, dass wir an uns arbeiten. Mit beiden Beinen auf dem Boden stehen. Unser Leben in den Griff bekommen. Herr oder Dame im eigenen Haus sein. Ängste anerkennen und überwinden. Handeln. Dann fällt es uns leichter, cool zu bleiben und Unrat vorbeischwimmen zu lassen.
  • Liebe und Lebensfreude entdecken: Das Leben ist zu schön, um es unschön zu verbringen. Da Liebe und Lebensfreunde unser innerstes Wesen ausmachen, müssen wir sie nicht erzeugen. Wir müssen sie nur entdecken. Als Wert. Als unser Ziel. Als Weg. Als unsere natürliche Gabe. Tun wir dies, hat üble Laune keine Macht mehr.
  • Inneren Abstand herstellen: Da es sich bei unseren Gefühlen um mächtige Player handelt, ist die Frage, was wir auf Dauer wollen. Sollen unsere Gefühle über uns dominieren oder wollen wir dominieren – und dabei natürlich von Gefühlen begleitet werden. Ich schlage die zweite Variante vor. Um Boss zu sein, müssen wir Abstand zu unseren Gefühlen herstellen. In uns. Das ist leichter gesagt, als getan. Abstand zu unseren Gefühlen bedeutet, dass Gefühle uns nicht einfach überrumpeln. Wir sind ihnen nicht hilflos ausgeliefert. Stattdessen merken wir, wenn sie in uns aufsteigen. Und dann entscheiden wir, was wir damit machen. Wie stellen wir inneren Abstand her? Durch das Üben von Loslassen. Die effektivste Übung dafür heißt Meditation. Meditieren ist nichts anderes, als ununterbrochen Loslassen zu üben. Wenn wir regelmäßig meditieren, üben wir, unsere Gedanken und Gefühle, die natürlicherweise und immerwährend in uns aufsteigen (das wird sich nie ändern), loszulassen und zum Meditationsobjekt zurückzukehren. Irgendwann merken wir das im Alltag. Wir sind freier und glücklicher als vorher.

Mit dem Zorn der anderen umgehen

Was aber ist, wenn wir gar nicht so sehr ein Problem mit unserer eigenen Wut haben? Was, wenn uns das Sauersein der anderen plagt? Was, wenn wir zusammenzucken, wenn sich andere mit erhobenem Zeigefinger, aufgerissenen Augen und lauter Stimme vor uns aufplustern? Wie schaffen wir es, mit dem Zorn der anderen umzugehen? Das habe ich ansatzweise hier beschrieben. Kurz gesagt: Wir lassen uns nicht alles gefallen. Abstand ist auch in diesem Fall sinnvoll. Wir arbeiten ebenso an uns und unserer Souveränität. Schließlich können wir unserem Gegenüber noch alles Glück wünschen und Mitgefühl entwickeln.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Ungezügelte Wut entzweit uns und macht uns einsam. Abstand zu brenzligen Situationen begrenzt das destruktive Potential unserer Wut. Innerer Abstand zu unseren Gefühlen macht uns freier und glücklicher.

Ich wünschen allen viel Spaß dabei, den Ärger dahin zu verfrachten, wo er hingehört: in die Tonne.

Beitragsbild: © Arne Kruse


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