Der beste Trip gewinnt – oder nicht?

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Im Kampf zwischen Intellekt und Emotion gewinnt meistens die Emotion. Beispiel: Ich weiß, dass mir etwas nicht gut tut (Intellekt). Trotzdem tue ich es (Emotion). Oder andersherum: Ich weiß, dass mir etwas wirklich nützt (Intellekt). Trotzdem tue ich es nicht (Emotion). Jeder dürfte diese Situation aus irgendeinem Lebensbereich kennen. Wir wissen etwas. Überall um uns herum gibt es schlaue und weise Ratgeber und Experten, ob nun in Form von Personen, Büchern oder sonstigen Impulsen (z.B. Memes oder Glückskekse). Doch wir verhalten uns dennoch nach Schema F. Warum? Weil wir Schema F kennen. Weil unsere Gewohnheiten, die auf Emotionen basieren, mächtiger sind als jede Vernunft. Was bedeutet das für uns? Was bedeutet das für unser Zusammenleben?

Ätzende und wunderbare Emotionen

Da Emotionen so mächtig sind, macht es Sinn, sich ihrer bewusst zu werden. Wenn in uns ätzende Emotionen den Ton angeben, fühlen wir uns schlecht. Es steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir ätzend sprechen und handeln. Hass, Eifersucht und ausschließender Stolz sind zum Beispiel ätzend. Andersherum gilt das Gleiche: Geben in uns wunderbare Emotionen den Ton an, fühlen wir uns gut. Liebe, Freude und Begeisterung sorgen dafür, dass wir verbindender kommunizieren und handeln.

Gleich und gleich gesellt sich gern

Wer sich ans Schlecht-drauf-Sein gewöhnt hat, meidet lieber die Gesellschaft von gut Gelaunten. Die nerven! Hater mögen Hater. Schwarzseher suchen die Nähe zu anderen Schwarzsehern. Frustis erleben Gemeinschaft mit anderen Frustis. Stolze sind sich einig: „Kompetenz sieht nur von unten aus wie Arroganz“. Wer hingegen grundlegend „the bright side of life“ sieht, erlebt Mitmenschen, die emotionaler Negativität exzessiv fröhnen, als Stimmungskiller und toxisch. „Wenn der kommt, bleib ich weg!“ heißt es dann. Das herausfordernde an unserem Leben ist nun, dass wir ständig von Leuten umgeben sind, die andere emotionale Präferenzen haben, als wir selbst. Das beginnt in der Familie, setzt sich fort im Kindergarten, in der Schule und mündet sodann in dem, was wir als Erwachsene in Arbeitsstätten, Vereinen, Parteien und der sonstigen Öffentlichkeit erleben. Über die Jahre findet bei den meisten Menschen ein Selektionsprozess im Umfeld statt. Meist sind Schmerzen die Ursache. „Ich halte das nicht mehr aus!“. Trotzdem halten sich Mythen.

Mythos Sachlichkeit: Inhaltliche und emotionale Bruchlinien

Die Wissenschaft wird gemeinhin als sachorientiert wahrgenommen. Bei Politik denken die meisten Menschen an inhaltlich-ideologische Differenzen: konservativ vs. sozialdemokratisch, liberal versus ökologisch, links versus rechts und so weiter. In ganz vielen Gesellschafts- und Lebensbereichen geht es vordergründig um „die Sache“: auf dem Elternabend, bei der Vereinssitzung, auf der Parteiveranstaltung, auf der Bürgerversammlung, im Teammeeting und Unternehmen. Doch hinter den Kulissen – also in den Beteiligten selbst – wirken die Emotionen. Ob es sich nun um Wissenschaftler handelt, Journalisten, Politiker oder sonstige Mitmenschen. Emotionen sind allzu oft der Grund dafür, dass sachlich oder menschlich (und damit wiederum sachlich) sinnvolle Impulse und Prozesse keine Chance haben. „Wo Menschen sind, da menschelt es“. Emotionen sind mächtiger als jede Vernunft. Gleichzeitig stimmt es oft nicht, dass etwas an inhaltlichen Differenzen scheitert. Natürlich gibt es Uneinigkeit über inhaltliche Fragen. Doch genauso oft – oder vielleicht sogar häufiger – gibt es Uneinigkeit aufgrund von Emotionen. Persönliche Eitelkeiten und Animositäten. Egos. Unterschiedliche Überzeugungen über Emotionen und emotionale Ansätze („Leute runtermachen ist sicher effektiv“ versus „Respekt und Wertschätzung„). Es kann sein, dass ich mit jemandem, dessen Idee ich inhaltlich für widersinnig halte, emotional übereinstimme. Und andersherum gilt das Gleiche. Ich habe den Eindruck, dass wir genau das in Deutschland erleben. Es gibt inhaltliche und emotionale Bruchlinien. Die sind oft nicht kongruent.

Positive Emotionen verstärken

Da Emotionen so mächtig sind, halte ich es für sinnvoll, sie im Blick zu behalten. Gerade in Verbindung mit politischen Ideen können Emotionen großen Schaden anrichten. Das Hitler-Regime basierte zum Beispiel auf Hass – aber genauso auf dem Charisma Hitlers und der Begeisterung, die er bei seinen Anhängern auch über Gemeinschaftsevents entfachte. Heute ziehen negative Emotionen nach wie vor katastrophale Konsequenzen nach sich. Diktaturen basieren auf ihnen. Ich hoffe, dass es immer genügend Menschen gibt, die dem etwas entgegensetzen, in dem sie für Liebe, Lebensfreude, Vernunft und Freiheit eintreten.

Ich wünsche allen viel Spaß dabei, glücklicher zu werden und unser Zusammenleben etwas angenehmer zu gestalten. Möge der beste Trip gewinnen.

Beitragsbild: © Arne Kruse


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