Isabelle: Hast Du Dich nie gefragt, was das hier alles ist? Was das soll?
Erik: Was meinst Du?
Isabelle: Ich meine das Leben. Mensch sein. Hier als Mensch geboren zu werden und auf der Erde herumzulaufen, bis man tot umfällt. Hast Du das nie hinterfragt? Was der Sinn dahinter ist? Was das hier ist?
Erik: Nein. Aber ich bin gespannt, was Du dazu denkst. Hast Du Dir diese Fragen gestellt?
Isabelle: Ja. Seid ich denken kann. Es begann schon als Kind. Ich bin immer noch dabei.
Erik: Hast Du schon Antworten gefunden?
Isabelle: Ja. Sicher nicht alle. Aber einige.
Erik: Wie lautet dann Deine Antwort auf die Frage, was das hier alles ist?
Isabelle: Um das zu verstehen, hilft es, eine andere Perspektive einzunehmen. Bist Du dafür bereit?
Erik: Klar. Was soll ich tun?
Isabelle: Bleib einfach da sitzen, höre zu und stelle weiter Fragen.
Erik: Okay. Was ist das hier?
Isabelle: Es ist eine Reise. Ist Dir aufgefallen, dass der Tod in unserer Gesellschaft allgemein eher verdrängt wird?
Erik: Ja. Das ist ja auch verständlich. Keiner will sterben und das Leben ist schön. Warum also viel über den Tod reden? Jetzt leben wir. Eine Reise?
Isabelle: Das stimmt. Jetzt leben wir. Aber weißt Du was? Wir wissen nicht, wie lange noch. Doch mir ist noch was anderes aufgefallen: Während es durchaus Menschen gibt, die sich über den Tod und die eigene Endlichkeit Gedanken machen, übersehen sie dabei eine Sache.
Erik: Welche?
Isabelle: Das, was vor der Geburt war. Ist das nicht verrückt?
Erik: Hmm. Das verstehe ich nicht. Was soll vor der Geburt gewesen sein?
Isabelle: Ich versuche, das zu erklären. Wir wissen nicht, was nach dem Tod ist. Einigen macht das Angst. Viele verdrängen das. Manche gehen bewusst damit um. Dabei übersehen wir geflissentlich, dass wir auch nicht wissen, was vor der Geburt war. Das Einzige, was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass Menschen, die geboren wurden, eine Weile hier sind und dann sterben. Daher ist dieses Leben in jedem Fall eine Reise. Diese Reise beginnt mit unserer Geburt und sie endet mit dem Tod. Wir wissen nicht, was vorher war. Wir wissen nicht, was hinterher ist.
Erik: Wenn unser Leben eine Reise ist: Wo führt sie hin?
Isabelle: Das entscheidet jeder selbst anhand seiner Präferenzen.
Erik: Wohin führt Deine Reise?
Isabelle: Ins Glück.
Erik: Glaubst Du, dass alle Menschen glücklich sein wollen?
Isabelle: Auf jeden Fall. Jeder will das. Nur suchen nicht alle an der richtigen Stelle. Aber den Wunsch nach Glück haben ganz sicher alle Menschen.
Erik: Ist es denn überhaupt möglich, als Mensch wirklich glücklich zu werden? Immerhin gibt es eine Menge Härten im Leben.
Isabelle: Ich denke ja. Das mit den Härten stimmt tatsächlich. Mensch sein ist im Grunde genommen eine richtig krasse Sache. Man beginnt seine Karriere als Baby ohne viel Handlungsspielraum, dem Umfeld ausgeliefert. Dann stolpert man durchs Leben von dem man nie weiß, wann es endet und ist zudem verletzlich. Was auch immer man im Leben erreicht, am Ende verliert man es alles wieder. Das letzte Hemd hat kein Taschen. Es ist in gewisser Weise sogar brutal, von oben betrachtet. Richtig krass.
Erik: Und wo bleibt da das Glück? Wo ist die richtige Stelle, es zu finden?
Isabelle: Das ist eine gute Frage. In uns drinnen. In unserem Erleben. In dem, was wir anderen gegeben haben. Im Glück der anderen.
Erik: Hmm. Wenn es stimmt, dass diese Reise, wie Du es beschreibst, eigentlich ziemlich brutal ist, wie kann ich dann Glück erleben? Das spricht ja eher dafür, zu leiden.
Isabelle: Wie schon gesagt: Wir Menschen sitzen alle im gleichen Boot. Jeder von uns wurde geboren, ist eine Weile hier und dann Geschichte. Jeder muss mit seinen Umständen zunächst klarkommen. Überleben. Was lernen. Jeder ist hier zunächst reingeboren. Die Welt war schon da, die anderen Menschen auch. Man kommt dazu, wächst auf. Dann ist die Frage, was jeder daraus macht. Wo jeder sein Glück sucht. Da sind wir dann nicht mehr alle gleich, denn hier entscheidet jeder anders. Ich behaupte: Trotz der Widrigkeiten, die das Leben als Mensch zwangsläufig mit sich bringt, kann jeder glücklich werden.
Erik: Ok, wie?
Isabelle: Orientiere Dich einfach Richtung Liebe, Freude und Weisheit im Umgang mit anderen und Dir selbst. Kultiviere nicht Dein Ego, sondern gehe darüber hinaus. Identifiziere Dich nicht als Dein Körper oder Dein Charakter. Sieh Deine menschliche Existenz als Möglichkeit, zu lernen und anderen zu nützen. Mache Dir bewusst, dass Du hier nicht allein bist. Du befindest Dich mit Milliarden anderen Menschen in der gleichen Grundsituation. Sieh Dein Leben nicht nur als Geschenk oder Last, sondern als Aufgabe. Meistere die Herausforderungen, die vor die liegen. Hilf den Menschen in Deinem Umfeld.
Erik: Woran erkenne ich, ob ich auf dem richtigen Weg bin?
Isabelle: Wenn Du immer griesgrämiger, ängstlicher und frustrierter wirst, bist Du auf dem falschen Weg.
Erik: Und richtig?
Isabelle: Das Gegenteil: Wenn Du liebevoller und humorvoller wirst, bist Du auf dem richtigen Weg.
Erik: Was ist mit Reichtum, Schönheit und Ruhm? Oder Sex, Drugs and Rock’n’Roll? Ist nicht das der Weg zum Glück?
Isabelle: Probiere es doch aus. Oder schau Dir all die Leute an, die reich, schön oder berühmt sind. Wirken sie auf Dich glücklich?
Erik: Manche schon.
Isabelle: Und andere nicht. Obwohl sie eben all diese Dinge haben. Auf der anderen Seite findest Du Menschen, die arm, hässlich und unbekannt sind – aber glücklich. Wie kann das sein?
Erik: Ich bin ganz Ohr.
Isabelle: Nichts gegen materielle Annehmlichkeiten und schöne Erlebnisse. Ich habe jedoch festgestellt, dass es Dinge gibt, die mich nur oberflächlich und kurzfristig glücklich machen, wie zum Beispiel Eis essen, wohingegen es andere Dinge gibt, die mich zutiefst erfüllen.
Erik: Was erfüllt Dich zutiefst? Zähle mal was auf, bitte.
Isabelle: Stelle Dir eine Skala vor. Ganz links findest Du Sachen, die mich nur in dem Moment glücklich machen, in dem ich sie tue. Zum Beispiel etwas Leckeres essen. Nichts dagegen! Und ganz rechts findest Du Sachen, die mich dauerhaft glücklich machen. Zum Beispiel Meditation oder Dinge, die ich für andere getan habe. Natürlich ist der ganze Raum dazwischen auch voll mit Sachen. Zutiefst erfüllend finde ich es, Zeit mit lieben Menschen zu verbringen, also mit meiner Familie, meiner Partnerin oder Freunden, die ich schätze. Zutiefst erfüllend finde ich es, allein in der Natur zu sein. Zutiefst erfüllend finde ich es, mich für politische und soziale Zwecke zu engagieren, die ich befürworte. Zutiefst erfüllend finde ich es, mich mit persönlicher Weiterentwicklung zu beschäftigen mit dem Ziel, selbst glücklicher zu werden und damit wiederum andere glücklicher machen zu können. Zutiefst erfüllend finde ich es, mich mit Meditation zu beschäftigen oder inspirierende Vorträge und Texte zu konsumieren – und selbst zu kreieren. Ich könnte jetzt noch viele weitere Dinge aufzählen.
Erik: Danke für Deine Ausführungen. Ich schlage vor, dass wir unser Gespräch später weiterführen. Ich würde jetzt nämlich gerne etwas Leckeres essen. Ich glaube, das würde mich nun glücklicher machen.
Isabelle: Oh, natürlich, gerne doch. Melde Dich einfach wieder.
Beitragsbild: © Arne Kruse