Eine Floskel mit Sinn
Ich finde es angebracht, Soldaten und Polizisten für ihren Dienst zu danken. In irgendeiner Doku über die USA habe ich die Floskel „Thank you for your service“ aufgeschnappt. Ein Zivilist äußerte sie beiläufig gegenüber einem Soldaten. „Danke für Ihren Dienst“. Es ist das, was ich empfinde, wenn ich Polizisten und Soldaten begegne. Natürlich gibt es viele weitere Berufsgruppen, die einen Mehrwert für unsere Gesellschaft leisten. Eigentlich sind es alle, sonst würde es sie nicht geben. Feuerwehrleute, Lehrer, Sozialarbeiter, Unternehmer, Sanitäter, Kranken- und Altenpfleger, Kassierer, Tellerwäscher und so weiter. Selbst Politiker zählen dazu.
Ich fände es richtig und wichtig, wenn wir als deutsche Gesellschaft die Mentalität hinter der Floskel „Thank you for your service“ viel breiter leben würden. Wenn wir den Dienst an der Waffe viel mehr ehren würden. Denn Fakt ist, dass wir unsere Freiheit und unsere Sicherheit Frauen und Männern verdanken, die sich für den Dienst bei Polizei und Bundeswehr entschieden haben.
Wir dienen bestenfalls alle
Fakt ist jedoch auch, dass jeder von uns anderen einen Dienst erweist. Bestenfalls. Das passiert nicht nur über den Job, dem wir nachgehen, sondern auch über unser Engagement im Ehrenamt, in familiären, hobbybezogenen und freundschaftlichen Kontexten. Ich schreibe bestenfalls, weil es definitiv so ist, dass durch unseren Dienst für andere nicht nur die anderen profitieren, sondern vor allem wir selbst.
Dienen heißt nicht Diener sein
Dabei heißt dienen nicht Diener sein. Ein wirklich wertvoller Dienst ist jener, den wir freiwillig erbringen. Viele Menschen mögen den Begriff dienen nicht, weil sie dienen mit einem Machtgefälle zwischen sich und anderen assoziieren. Hier ich, der kleine Diener, der buckeln muss wie ein Sklave und sich ständig entschuldigt – da mein Herr oder meine Herrin, die mich herrisch, gebieterisch und von oben herab behandelt. Wer mag das schon. Die Floskel „Thank you for your service“ hebt hingegen hervor, dass es sich beim Dienen um etwas ganz anderes handelt: Um die freiwillige Entscheidung eines Einzelnen, Dienst an der Gemeinschaft zu leisten und dafür Härten in Kauf zu nehmen. Man muss nicht selbst an die Front, selbst Polizist werden, selbst dies und jenes tun. Danke sagen hilft schon.
Zwischen Narzissmus und Echoismus
Je nachdem, wie wir selbst ticken, kann unser Geist Weltmeister darin sein, uns zu täuschen. Als Narzisst reden wir uns ein, dass unser Verhalten, mit dem wir andere belästigen und ihnen das Leben schwer machen, ein Dienst an genau jenen anderen ist. Als Echoist – das Gegenteil von Narzissmus – reden wir uns ein, dass all das tatsächlich Nützliche, das wir tun, immer noch viel zu wenig und zu egoistisch ist. Es lohnt sich sicher, ab und an zu hinterfragen, ob das, was wir tun, nützlich ist und wem wir damit dienen und dienen wollen. Ein Gradmesser dafür, wie wir hier aufgestellt sind, ist sicher unserer eigenes Befinden und das Feedback unseres Umfeldes.
Macht es mir noch Spaß?
Selbst wenn man Tätigkeiten ausführt, die anderen definitiv von Nutzen sind, kann es legitim und notwendig sein, damit aufzuhören. Nämlich dann, wenn man selbst dabei unter die Räder kommt. Wenn man keinen Spaß mehr empfindet. Wenn es nur noch eine Last ist. Eine lästige Pflicht. Beispiel Beziehung: wenn beide eigentlich keine Lust mehr aufeinander haben, aber trotzdem zusammenbleiben, weil man halt ein Paar ist, dann werden beide Parteien latent unglücklich sein oder werden. Viel besser wäre es, die Beziehung oder ihre Form zu beenden. Das tut dann kurzfristig weh, ebnet aber den Weg zu mehr Freude im Leben. Das trifft auch dann zu, wenn es nur einen betrifft. Besser, einer ist voll glücklich und der andere nicht, als wenn zwei unglücklich sind. Oft hält der, der eigentlich glücklich sein könnte, aus Gewohnheit oder Gewissensgründen zu dem, der nicht glücklich sein will oder kann. Ich halte das für verständlich, aber falsch. Die freie Welt braucht glückliche Menschen.
Der Moment der Entscheidung
Der Moment der Entscheidung ist immer jetzt. Jeden Moment. Dennoch gibt es Phasen und Entwicklungen, die uns eine Entscheidung eher aufschieben lassen oder sie beschleunigen. Warum etwas ändern, wenn es doch ganz gut läuft? Und andersherum kann es sein, dass wir manches einfach nicht mehr aushalten, keinen Bock mehr haben und gleichzeitig etwas viel Schöneres entdeckt haben. Dann sagen wir: „Finito. Ende Gelände. Es reicht. Und Tschüß!“
Politik ad acta
Dieser Punkt ist bei mir beim Thema Politik erreicht. Während er bei manchen Bekannten schon viel früher erreicht war, dachte ich noch: „Ich mache weiter, auf meine Weise“. Mein Buch wollte ich noch schreiben, dann noch Blogbeiträge und Tiktok ausprobieren. Ich verstehe es einerseits als Dienst und andererseits als persönliche Entfaltung. Stünde ich aber vor der Wahl, mich nun ehrenamtlich und beruflich mehr mit Politik zu befassen, tiefer einzusteigen, dann ist meine Entscheidung heute: „Nein, Danke“. Gegen gutes Geld vielleicht. Sonst nicht. Meine Zeit ist knapp. Ich habe bereits viel investiert. Anders als vor fünf Jahren habe ich heute ein gutes Gefühl dabei, Politik ad acta zu legen und zwar aus folgenden Gründen:
- Ich habe meine Punkte in einer mir möglichen Weise klar gemacht. Jeder kann es nachlesen. Ich stehe nach wie vor dahinter. Ich bin zufrieden damit. Was die Gesellschaft damit macht, ist ihre Sache. Wo ich falsch liege, ist es ja sogar gut, wenn es nicht berücksichtigt wird.
- Es gibt viele Menschen und Institutionen, die meine Gedanken in guter und mächtiger Weise in die Welt bringen. Das freut mich. Ich sage nur: Nina Scholz, Heiko Heinisch, Susanne Schröter, Ahmad Mansour, Carsten Linnemann, Torsten Heinrich, Mark Reicher, Hamed-Abdel Samad, Axel Springer, Mirko Drotschmann, Norbert Röttgen, Joachim Krause, Nico Lange, R21, Roderich Kiesewetter, die NATO, die Institutionen der freien Welt. Alle, die ich jetzt vergessen habe.
- Ich habe viel gelernt und bin dankbar dafür. Zu dem, was ich gelernt habe, gehört sowohl „Einspruch“ sagen als auch loslassen.
- Da mir meine Freiheit und jene der anderen so wichtig ist, behalte ich mir selbstverständlich vor, mich auch in Zukunft, wann und wo immer mir danach ist, in einer von mir für passend erachteten Weise politisch zu Wort zu melden.
- Ansonsten widme ich mich Dingen, die mir zu 100 Prozent sinn- und freudvoll erscheinen.
Ich wünsche allen viel Spaß dabei, ihren Weg zu gehen.

Beitragsbilder: © Arne Kruse