Unsere Situation ist perfekt

Der Bauarbeiter denkt: „Die Büroangestellten haben es gut. Sie bleiben sauber, machen sich körperlich nicht kaputt, sitzen im Trockenen und auf weichen Stühlen“. Der Büroangestellte denkt: „Die Bauarbeiter haben es gut. Sie arbeiten an der frischen Luft, bekommen Sonne, Wind und Wetter mit, betätigen sich körperlich und sehen das, was sie erschaffen“.

Der Kinderlose denkt: „Leute mit Kindern haben es gut. Sie können sich um ihre Kinder kümmern, das Glück der Familie erleben, Spiele spielen.“ Das Elternteil denkt: „Die Kinderlosen haben es gut. Sie können machen, was sie wollen, müssen keine Rücksicht nehmen, können reisen, umziehen, sich verwirklichen.“

Der Single denkt: „Leute mit Partner haben es gut. Sie werden geliebt, haben Nähe, können gemeinsam Dinge unternehmen und sich unterstützen“. Der Vergebene denkt: „Singles haben es gut. Sie sind völlig frei, ungebunden, können tun und lassen was sie wollen, haben keine Streitereien“.

Der 22-Jährige Student denkt: „Die 30-Jährigen haben es gut. Sie sind schon wer, können sich Dinge leisten, sind souverän“. Der 30-Jährige Arbeitnehmer denkt: „Die 22-Jährigen haben es gut. Sie tragen noch keine Verantwortung, sind völlig frei, können heute dies und morgen jenes tun.“

Das Mädchen mit Sommersprossen und roten Haaren denkt: „Die anderen sind viel hübscher. Ich hingegen bin entstellt und hässlich.“ Die Mädchen ohne Sommersprossen und mit blonden Haaren denken: „Hätte ich doch nur Sommersprossen, dann wäre ich hübsch. Also male ich mir welche mit Schminke.“

Jungen denken: „Mädchen haben es viel leichter“. Mädchen denken: „Jungen haben es viel leichter“.

Einfache Angestellte denken: „Führungskräfte haben es gut. Sie verdienen mehr und haben was zu melden“. Führungskräfte denken: „Einfache Angestellte haben es gut. Sie tragen keine Verantwortung und sind unbekümmert“.

Angestellte denken: „Selbstständige haben es gut. Sie sind ihr eigener Boss, niemand bestimmt über sie“. Selbstständige denken: „Angestellte haben es gut. Sie bekommen monatlich ihr Gehalt, selbst wenn sie krank sind.“

Beruflich unausgelastete denken: „Leute, die Karriere machen, haben es gut. Sie bekommen Anerkennung, sind wichtig, entwickeln sich und lernen dazu, tragen Verantwortung, verdienen immer mehr.“ Karriere-Kletterer denken: „Sachbearbeiter haben ein gutes Leben. Sie haben Zeit für ihre Kinder, bekommen keinen Burn-Out, leben gesünder, haben viel Freizeit.“

Arme denken: „Reiche haben es gut“

Arme denken: „Reiche haben es gut. Sie brauchen sich um nichts zu sorgen. Sie können glücklich sein.“ Reiche denken: „Mein Leben ödet mich an. Ich brauche einen neuen Kick. Ich probiere mal TikTok und dann die Drogen.“

Bewohner von Industrieländern denken: „Die Leute im Dschungel, in entlegenen Regionen und in ärmeren Gegenden haben es gut. Sie leben noch ursprünglich, im Einklang mit der Natur, ihr Leben ist einfach. Sie können glücklich sein.“ Bewohner von Dschungeln, Entwicklungsländern und entlegenen Regionen denken: „Die Menschen in Europa, Amerika und Ostasien können glücklich sein. Sie genießen all die Freiheiten und Annehmlichkeiten der modernen Welt. Da will ich hin.“

Kranke und gehandicapte Menschen denken: „Wäre ich doch nur gesund. Dann könnte ich dies und jenes alles tun“. Gesunde Menschen denken: „Mir ist langweilig, ich habe viele Probleme und das Leben ist gemein und ungerecht.“

Leute mit weißer, brauner und schwarzer Haut- und Haarfarbe denken: „Die, die anders aussehen als ich, haben es gut. Sie sind attraktiv, schön und haben es leichter.“ Die jeweils anderen denken das Gleiche.

Und die Moral von der Geschichte: Unsere Situation ist perfekt – zumindest aus der Sicht vieler anderer. Machen wir immer das Beste aus unseren Bedingungen. Erkennen und schätzen wir die Vorteile.

_{Beitragsbild: © Arne Kruse}